MOVING ART PEOPLE

Albanien - Tirana, Elbasan, Burrel, Shkodra 05.-15.11.2019

Auf unserem Weg nach Griechenland hatten wir in Albanien einen besonderen Aufenhalt geplant. Wir haben mit Clowns ohne Grenzen vereinbart, dort zu spielen. So reisten der Clown Michi Dietrich und der Fotograf Nikolas Fabian Kammerer an, um 10 Tage mit uns zu verbringen und acht Tage Clown-Shows zu spielen.. Wir absolvierten 15 Auftritte vor ca. 2000 Menschen in sechs Städten und trafen auf unterschiedlichste Kinder, Jugendliche und Erwachsene. Fotos dazu und unseren Reisebericht in Form eines Blogs findet ihr im Internet (Facebook: Clowns ohne Grenzen e.V. oder Homepage: www.clownsohnegrenzen.org). Es war schön hier zu clownen. Mit Michi im bewährten Team (wir waren bereits zweimal in Rumänien auf Reisen) gelang, es viele schöne Momente zu zaubern und unsere Zuschauer lachen, lächeln und glucksen zu sehen. Gerd Lepic untermalte unsere Show musikalisch und mit vielen Zwischentönen. Seine mitreis(s)ende Musik, ließ unser Publikum oft mittanzen oder mitklatschen. Es hat viel Spaß gemacht mit unterschiedlicher Spielweise und Improvisation auf es zu reagieren. Niko hat dies, wie ich finde, eindrücklich dokumentiert. Seine Bilder zeigen viele fröhliche, schöne und berührende Momente.

Unser Albanienteam: Michael Dietrich, Gerd Lepic, Uta Schnuppe-Strack, Nikolas Fabian Kammerer

 

Albanien, dieses für mich unbekannte Land, hat mich sehr gefordert. Es ist schwer, ein Bild von Albanien zu zeichnen, denn das Land ist so vielschichtig. Steht es mir zu, zu urteilen, weiß ich es besser, bzw. ziehe ich die richtigen Schlüsse, erkenne ich wirklich klar, wie das Leben hier funktioniert ... nach 10 Tagen? Ich möchte versuchen, meine Eindrücke zu teilen:

Tirana ist eine riesige Stadt, sie ist eng bebaut, voll, lebendig und laut. Leider ist die Luftverschmutzung extrem hoch. Die Häuser sind oft unvollendet und nur bruchstückhaft zusammengeflickt oder nagelneu und chic. Dies reiht sich im wilden Wechsel alles aneinander. Gleichzeitig wird Städteplanung umgesetzt; wir werden Zeugen, wie ein kompletter Straßenzug abgerissen wird, um eine breitere Straße zu bauen. Viele Verkehrswege sind zu eng für die unzähligen Autos, die unterwegs sind. Ihre Abgase verursachen andauernd ein leichtes Kratzen im Hals. 

Autofahren ist ein besonderes Kapitel. Jeder will der Schnellste sein. Es wird rechts und links überholt, geschnitten und am liebsten fahren alle auf einmal los. Das Statussymbol schlechthin ist der Daimler. Noch nie in meinem Leben habe ich so viele Autos mit Stern aus allen Jahrzehnten auf den Straßen gesehen - und ich bin im Schwabenländle geboren.

Unendlich schön sind die kleinen Gassen, mit ihren Geschäften, in denen es nahezu alles gibt. Besonders beieindruckt haben mich die Schuhberge, wo man sich erstmal das zueinander gehörende Paar suchen muß. Aber auch die vielen Obst- und Gemüsestände sind ein Fest für Auge und Nase. Auch augenmerklich sind die vielen Cafes in Tirana, bzw. in Albanien. Vor allem Männer sitzen hier, trinken Kaffee, plaudern oder beobachten ihr Umfeld - eine schöne Cafekultur. Zu sehen ist der Wandel in Albanien: überall wird gebaut, es entstehen immer mehr moderne Geschäfte, Restaurants, Bürogebäude, Cafes. Ich hoffe, diese Entwicklung wird dem Kleingewerbe nicht schaden.

Mich beschäftigt die große Armut und Perspektivlosigkeit aufgrund fehlender Arbeit und der verbreiteten Korruption, von der uns immer wieder erzählt wird. Die jungen Albaner versuchen massenweise, aus ihrem Land abzuwandern.

Schwer nachvollziehbar ist für mich die Rolle der Frau, die hier laut Kanun (dem "Gesetz der Berge") wenig Wert zu haben scheint. Umso schöner ist es zu sehen, wie es auf dem Universitätsgelände von weiblichen Studentinnen nur so wimmelt. Das lässt mich hoffen. Verliert der Kanun an Bedeutung? Den Kanun, die Blutrache, die Regeln zu Stolz und Ehre nehme ich wahr, doch es gestaltet sich für mich schwierig, einen Zugang zu diesen Themen zu bekommen, bzw. diese Regeln zu verstehen.

Ein großer Teil der Natur ist in Albanien noch intakt. Das Land ist landschaftlich sehr reizvoll, an vielen Stellen traumhaft schön. Leider werden die meisten der Aussichten, insbesondere die Flussbetten, durch Unmengen von Müll maskiert. Ich hoffe, daß das Müllproblem und die fehlenden Kläranlagen von der Bevölkerung und ihren politischen Vertretern bald gesehen werden und daß die riesige Umweltverschmutzung eingedämmt werden kann.

 

Auf unserem Weg nach Griechenland sind wir vorgestern in Girokaster angekommen. Es ist eine schöne historische Stadt, die seit 2005 zum UNESCO-Welterbe zählt. Sie liegt im Gebirge mit wunderschönen alten Häusern, die traditionell mit Steinplatten gedeckt sind. Der Ort ist an vielen Stellen gut restauriert und die Sanierungsarbeit geht weiter. Leider hat hier der Wegzug großer Teile der Bevölkerung zu einem riesen Leerstand und dem Verfall zahlreicher Gebäude geführt. So gleicht Girokaster eher einem Museum als einem belebten Ort.

 

Mittags spricht Defrim unsere Hündin Coco an, er streichelt sie sofort ohne Angst. In Albanien hat das Seltenheitswert, denn die Menschen haben eher Vorbehalte vor größeren Hunden. So genießen wir diesen Augenblick und freuen uns, daß Coco auch gerne gesehen ist.  Wir unterhalten uns mit Händen und Füssen. Abends entscheiden wir uns, zu diesem sympathischen Mann und seiner Frau zurückzukehren und dort Essen zu gehen. Was für eine ausserordentlich gute Entscheidung, denn dieser Mann kocht mit Herz und Seele! Wer nach Girokaster fährt, sollte dort sein kleines und feines Restaurant Gjoca besuchen! Und natürlich war das nicht der einzige Ort an dem wir sehr gut gegessen haben. Albanien hat kulinarisch einiges zu bieten.

Schwester Christina, die wir in Shkodra in Ihrem Kloster besuchten, hat es auf den Punkt gebracht: "Die Menschen leiden sehr unter ihrer Situation. In Afrika lachen und tanzen die Menschen auch noch, wenn es ihnen schlecht geht. Hier aber herscht unter den Menschen eine depressive Stimmung." Als Clowns-Gruppe waren wir in Albanien richtig. Wir haben Freude verbreitet, uns mit vielen Menschen unterhalten und ein wenig nachgefragt. Wir haben gesehen und miterlebt, wie leidenschaftlich die Menschen hier lachen und wie temperamentvoll sie unsere Shows begleitet haben. Diese Kraft lässt mich hoffen!

 

Gestern sind wir in Griechenland angekommen. Wir wurden von den Griechen die uns begegneten gut gelaunt und fröhlich begrüßt, jeder ist hier zu einem Schwätzlein aufgelegt. Ich bin gespannt, was wir hier erleben dürfen.