MOVING ART PEOPLE

Von Willingshausen nach Dresden (05.-08.09.2019) und weiter nach Polen - Zawada, Großraum Krakau (08.09. - ...)

Wir sind fasziniert von unserer Reise, jeden Tag schauen wir staunend in die Welt!

Willkommen in Deutschland!

 

Wir verlassen die Niederlande und fahren nach Deutschland.

 

 

 

Es ist schön, heimische Töne zu hören. Einfach in einen Laden gehen zu können, die Produkte zu kennen, nicht zu überlegen, was man kauft oder ständig zu übersetzen. Hier fällt uns erst wieder auf, wieviel zusätzliche Zeit das bindet. Wobei wir auch ganz schnell merken, wie es ist, alles zu verstehen. Bei manchen Gesprächen von Nachbartischen im Lokal, wäre es doch schön, nicht alles zu verstehen.

 

Wir fahren nach Willingshausen zu einer weiteren „Malerkolonie“. Wir werden gastfreundlich empfangen und ein interessantes Gespräch entwickelt sich. Gerd hat unseren Besuch ausführlich beschrieben, daher lest bitte dort mehr dazu. Mittags fahren wir weiter, denn wir haben uns vorgenommen, ein paar Tage in Dresden zu verbringen.

 

 

 

Wir möchten die Stadt genießen, Dresden für uns entdecken. Unser Speicher ist voll, wir möchten kein Museum, kein Schloss und keine weitere Gemäldesammlung mehr sehen. Und doch erobern wir uns die Stadt auf andere Weise. Wir wandern mit Coco durch Dresden und hören vor der Semper Oper einem fantastischen Trompeterquartett aus Sankt Peterburg auf der Straße zu (die vier Herren gehören unseres Erachtens in den Konzertsaal). Wir genießen die Parks, bzw. die vielen Grünflächen und die Neustadt, die mich an das Schanzenviertel im Hamburg erinnert.  Wir fahren mit einem Schaufelraddampfer die Elbe rauf und runter, das entschleunigt ungemein. Wir suchen Orte auf, die uns interessieren, wie die Gret Palucca Schule für Tanz. Wir schauen uns die Gartenstadt Hellerau an, deren Gründer andere Lebenskonzepte verwirklichen wollten.

 

So ist unsere Zeit schnell vorbei und es heißt wieder Abschied zu nehmen von Deutschland, denn wir wollen weiter nach Polen. Ich wollte gerne nach Krakau, daher haben wir im Großraum Krakau auf dem Land ein Haus gemietet. Wir haben etwas Besonderes gefunden, ein 200 Jahre altes Holzhaus. Es ist ein uraltes Holzschächtele, voller schöner Details. Natürlich swingt hier der Boden bei jedem Schritt. Die Vermieter haben ein Bad eingebaut und Strom verlegt und das auch noch dem Stil des Hauses entsprechend.

 

 

Hier wollen wir vor allem arbeiten. Ich habe noch einiges zu proben für meine Clownsshows in Frankreich und Albanien, daher ziehen wir uns hier eher zurück. Wir lassen uns nicht ständig von der Umgebung verlocken. Was ich schon dauernd schreiben wollte: Ich freue mich natürlich über viele bekannte Besucher bei der Clownsshow im Elsass am 27.10.2019. Wir freuen uns auf euch!!!

 

Wir haben ein Matratzenlager (eine Wanderunterkunft gebucht), gebt mir bitte Bescheid, denn die Räumlichkeiten sind nicht so riesig, dann reserviere ich für euch.

 

Zurück zu Polen. Es ist vielschichtig, ich kann es noch nicht richtig fassen, denn es gibt so viele Gesichter hier. Zuerst durchfuhren wir Schlesien, mit viel Landwirtschaft, großen Feldern und dazwischen auch immer wieder großen Industrieanlagen. Wir fuhren auch abseits der Autobahn und waren oft berührt, ob der Armut, bzw. des Verfalls von vielen alten Gebäuden und kleinen Orten.

 

 

Dann kamen wir in die Region Krakau, hier ist das Ortsbild ein komplett anderes. Die Umgebung ist geprägt von Hügeln, bebaut mit vielen neuen Häusern oder gepflegten alten Häusern, die Region ist wohlhabender.

 

 

Schwierig ist für uns die Verständigung, wir verstehen hier leider nichts. Die Polen auf dem Land sind sehr freundlich, aber auch vorsichtig, selbst wenn sie Englisch können, reden sie nicht unbedingt sofort mit uns. Keine Ahnung, was sie für Erfahrungen haben, wir empfinden sie eher zurückhaltend.

 

 

Krakau fühlt sich komplett anders an, hier begegnen uns die Menschen offen und freundlich. Wir stöbern auf dem Flohmarkt am Plac Nowy und frühstücken in Kazimierz. Danach streunen wir durch die Gassen und schauen die Läden, Synagogen und Cafes an. Wir streifen den Wawel (die Burg Krakaus), gelangen zum großen Marktplatz mit der wunderschönen Tuchhalle. Wir setzen uns ins Cafe und beobachten das Treiben um uns. Wir schauen uns die alte Stadtmauer und das Stadttor an, bis wir schließlich fußlahm sind. Dann machen wir eine Stadtrundfahrt. Wir fahren zuerst durch Kazimierz, das jüdische und christliche Viertel, dann zum Ghetto und zuletzt zu Schindlers Fabrik.

 

 

Mir fehlen die Worte, ich kann nicht beschreiben, was ich hier empfinde. Es ist so unfassbar, obwohl wir von der Massenvernichtung der Juden, Sinti, Roma, Polen, Ungarn und Regimegegner so oft gehört haben und wissen, was geschehen ist. Doch hier zu sein, bedeutet hinzuschauen. Ich fühle mich als Deutsche hier mehr als lausig. Ich fühle mich nicht schuldig, aber unsere Geschichte ist mir zutiefst peinlich. Ich verabscheue den Holocaust. 65000 Menschen, vor allem Juden wurden alleine hier in Krakau gedemütigt, zusammengepfercht, geschlagen, gegängelt, gehalten wie Tiere und ermordet auf Raten.

 

 

Zugleich treffen wir auf jüdische Ukrainer, die inzwischen in Österreich leben. Sie erzählen uns auf der Straße ihre Geschichte und erklären uns einiges zum jüdischen Leben. Sie begegnen uns freundlich und offen, sie tauschen sich mit uns aus, wie viele anderen Krakauer. Sie erzählen uns Geschichten über ihre Stadt, ohne das wir sie danach gefragt haben. Das sind wohl die Schlüssel zu meinem Frieden: der Austausch, sich kennenlernen und als Europäer zusammen zu wachsen, die Vorurteile und Ängste die man im Gepäck hat, anzugehen. Coco ist auch hier mein Türöffner. Sie ist ständig im Fokus und wird häufig gekrault, so entstehen schöne Gespräche. Coco wird gerne gesehen, auch in Lokalen, das hätte ich nicht erwartet, vielen Dank für all die Erfahrungen!